Resonanzgruppe
miteinander eigene Lösungen finden

Das Analogisieren von naturwissenschaftlichen Phänomenen und psychosozialen Prozessen hat eine große Faszination, da hier Immaterielles auf eine anschaulich manifeste Ebene gebracht wird. Unter der Prämisse, dass einfache naturwissenschaftliche Modelle nur einen ersten Ansatz für das Geschehen in der Resonanzgruppe liefern, soll hier zunächst die physikalische Basis von Resonanz näher beleuchtet werden. 

 

Zur Physik der Resonanz Metapher

Resonanz kann entstehen, wenn zwei Schwinger miteinander gekoppelt werden. Der Erreger überträgt seine Schwingung auf den Resonator.

Ein einfaches Beispiel: Die schwingende Saite einer Gitarre überträgt ihre Schwingungen über die Luft auf den Gitarrenkorpus. Dieser wird angeregt mit derselben Frequenz wie die Saite zu schwingen. Dadurch ist der klingende Ton der Saite lauter und deutlicher zu hören. Resonanzphänomene treten in der Akustik, der Mechanik, der Optik und der Elementarteilchenphysik auf.

Welche Faktoren spielen hierbei eine Rolle? Eine wichtige Größe ist die Eigenfrequenz der Schwinger, das ist die Frequenz, mit der diese nach einer Anregung schwingen. Bei der Gitarre ist es die Saitenlänge und beim Korpus die Geometrie und der Werkstoff, welche die Eigenfrequenzen der Schwinger bestimmen. Je besser die Eigenfrequenzen von Erreger und Resonator aufeinander abgestimmt sind umso stärker ist die Resonanz. Die Eigenfrequenzen müssen dabei nicht gleich sein. Resonanz entsteht auch, wenn die Eigenfrequenzen in einem ganzzahligen Verhältnis stehen.

Ein weiterer Faktor ist der Grad der Kopplung und die Dämpfung des Resonators. Je besser die Schwingung vom Erreger auf den Resonator übertragen wird umso stärker ist die Resonanz. Wenn der Resonator ungedämpft schwingen kann, dann kommt es zur Resonanzkatastrophe, d.h. die Schwingung im Resonator wird so stark, dass dieser zerstört werden kann.

 Weitere Resonanzphänomene

Der Resonator verändert die ihn anregende Schwingung. So bestimmt der Korpus einer Stradivari die Klangfarbe des von der Saite erzeugten Tons.

Die Beschaffenheit des Resonators bestimmt die Bandbreite für seine Erregbarkeit. So bietet der dreieckige Korpus einer Balalaika den kurz- und den langwelligen Frequenzen eine gute Resonanz.

Komplexe Resonanzsysteme bestehen aus vielen gekoppelten Schwingern mit je vielen Eigenfrequenzen. Wird ein Schwinger erregt, so überträgt sich dessen Erregung an die gekoppelten Schwinger. Diese können die Frequenz ändern und koppeln wiederum ihre  Erregung an den ursprünglichen Schwinger zurück und erzeugen in ihm Resonanzen. 

 

Wie äußert sich Resonanz im Gruppengeschehen?

Die Fallbringer*in bringt ihren Fall ein:

Die Fallbringer*in ist vom Fall, also der Welt außerhalb der Gruppe, in Schwingungen versetzt worden. Nicht nur eine Schwingung - um im akustischen Bild zu bleiben – sondern ein polyphones polyrhythmisches Klanggebilde. Während der Fallschilderung findet in der Fallbringer*in eine auf die Gruppe bezogene Auswahl statt. Das innere Klanggebilde wird gefiltert und bestimmte Töne und Rhythmen gelangen nach außen.

Die Gruppe resoniert:

Die Fallschilderung erzeugt in den Zuhörern Eindrücke, Ideen, Gefühle, Bilder basierend auf den Erfahrungen der Zuhörer. Die Erfahrungen der Gruppenmitglieder*innen ist der Resonanzkörper für die Anregungen der Fallschilderung. Die Gruppe teilt, wieder gefiltert, die aufgestiegenen Eindrücke der Fallbringer*in mit. Diese Rückkopplungen können in der Fallbringer*in bereits vorhanden Schwingungen verstärken oder dämpfen. Es können auch neue Töne, neue Resonanzen in der Fallbringer*in angeregt werden.

Eine Aufgabe des Gruppenleiters ist es, die Reflektion und deren Mitteilung zu moderieren. Im übertragenen Sinne entspricht das dem Verstärken oder Dämpfen von Klängen.

Soweit die einfache anschauliche Analogie zur Physik.

Das Geschehen ist im realen Gruppenprozess weitaus komplexer und vielschichtiger. Hier spielen Erfahrung und Diversität der Gruppe, Introspektionsfähigkeit, Offenheit und Vertrauen eine wichtige Rolle.

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